
Was ist ADHS?
Das Aufmerksamkeits-Defizit/Hyperaktivitätssyndrom (ADHS) wird durch drei Hauptsymptome gekennzeichnet:
- mangelnde Konzentrationsfähigkeit
- erhöhte Ablenkbarkeit
- gesteigerte Impulsivität
Eine motorische Hyperaktivität kann, muss aber nicht zu den Symtomen hinzukommen.
Diagnosekriterien:
Nach der heute gängigen Diagnosepraxis muss ein Kind sechs von neun hyperaktiven Zuständen(hier wird Impulsivität meist hinzugerechnet) oder sechs von neun Zuständen der Aufmerksamkeitsschwäche zeigen, um als ADHS eingestuft zu werden. Hinzu kommen noch weitere Kriterien.
Aufmerksamkeit:
- Beachtet Details nicht / Flüchtigkeitsfehler
- Kann Aufmerksamkeit nicht aufrecht erhalten bei Aufgaben/Spielen
- Scheint nicht zuzuhören, wenn man mit ihm spricht
- Befolgt Anweisungen nicht vollständig und führt Hausaufgaben am Arbeitsplatz nicht zu Ende
- Mühe, Aufgaben und Unternehmungen zu organisieren
- Vermeidet Aufgaben, die eine geistige Präsenz erfordern
- Wird oft von äusseren Stimuli abgelenkt
- Verliert oft Dinge, die für Aufgaben und Tätigkeiten notwendig sind
- Ist bei alltäglichen Aufgaben oft vergesslich
Hyperaktivität:
- Zappelt oft mit Händen und Füssen
- Verlässt oft und zu früh seinen Platz im Klassenraum
- Rennt bei unpassender Gelegenheit herum; klettert auf Stühle und Tische
- Mühe sich beim Spielen und anderen Aktivitäten ruhig zu verhalten
- Oft „auf dem Sprung“ oder wie „aufgezogen“
- Redet oft exzessiv
Impulsivität:
- Platzt oft mit Antworten heraus, bevor die Frage fertiggestellt ist
- Hat Probleme zu warten, Bis er, sie „dran“ ist
- Unterbricht oft oder mischt sich ein
Beginn der Störung
- Beginn ist meist vor dem siebten Lebensjahr
Symptomausprägung
- Die Symptome sollten in mehr als einer Situation ausgeprägt sein, also nicht nur in der Schule oder nur zu Hause
Störungsfolgen
- Die Symptome Aufmerksamkeit, Hyperaktivität und Impilsivität führen zu einem erheblichen Leidensdruck und beeinträchtigen die schulische oder berufliche Funktionsfähigkeit
Ausschluss
- Andere Störungen, wie Entwicklungsstörungen, Angststörungen, manische Episoden, Depressionen müssen ausgeschlossen werden
ADHS im Erwachsenenalter
- Persistenz bei 30-60%der Fälle.
- Aufmerkmskeitsstörung,leicht ablenkbar
- Störung der Impulskontrolle
- Äussere Untruhe (Hyperaktivität)weitgehend verschwunden
- Stimmungslabil,Stimmungsschwankungen
- Desorganisiert und Unvermögen Aufgaben zu Ende führen
- Geringe Stresstoleranz
- Explosives und hitziges Gemüt
- Kommunikation und soziale Kontakte oft schwierig
- Schlechtes Kurzzeitgedächtnis
- Wirkt zerstreut und chaotisch
- Wirkt eigensinnig und eigenbrötlerisch
- Sehr motivationsgesteuert
- Tiefes Selbstwertgefühl
- Mangelnde Leistung in Relation zu den Möglichkeiten/Fähigkeiten
- Jeder zweite hat eine Begleiterkrankung
- häufigsten:Angst,Depression,Teilleistungsschwächen
Problem bei der Beurteilung:
Die Beurteilung der Symptomatik ist immer vom jeweiligen Betrachter abhängig. Eine objektive Beurteilung ist deshalb oft schwer möglich. Zu klären bleibt immer, was ist überhaupt normal.
Diagnostik:
Für eine "objektive" Diagnosestellung werden auch apparative Methoden herangezogen, um eine "gesichterte "Diagnose zu stellen. Hierzu dienen vor allem:
-
Bildgebende Verfahren(CT, MRT, PET, SPECT)
-
EEG
-
Labor
-
Messung des Aktivitätsniveaus
-
Videodokumentation
Wegen der Heterogenität und den vielen Facetten des Krankheitsbildes bleibt es äusserst fraglich, ob sich ein objektiver Parameter für die Diagnosestellung finden lässt. Die Messergebnisse der apparativen Diagnostik liefern keine ADHS-spezifischen Aussagen und sind deshalb nicht geeignet. Erforderlich ist eine Individualisierung des Krankheitsbildes. Ziel muss es sein, ein möglichst genaues Bild der Stärken, Schwächen, Teilleistungsstörungen und der Lebenssituation des Patienten zu bekommen. Dadurch können Ressourcen dazu genutzt werden, um Schwächen zu mindern oder auszugleichen.(Bonhardt: Homöopathie bei ADHS, Elsevier)
Folgen von ADHS:
Konzentrationsstörung und erhöhte Ablenkbarkeit führen zu einer Lernstörung, die sich mit häufigen Wahrnehmungsstörungen und Teilleistungsstörungen wechselseitig verstärkt.
Beeinträchtigung der sozialen Stellung im Klassenverband durch einerseits schlechte Leistungen als auch durch die "Andersartigkeit". Dies führt häufig in der Kompensation zum Rumalbern, die Kinder werden zum Klassenclown.
Das Selbstwertgefühl wird durch permanente Negativ-Botschaften von Lehrern, Klassenkameraden noch weiter gesenkt. Damit entsteht eine Negativ-Spirale, aus der die Kinder aus eigener Kraft nicht mehr herauskommen. Aus dieser Eskalationstendenz leitet sich der dringende Handlungsbedarf ab.
Zweifel am ADHS Konzept
Das Arzneitelegramm berichtet in seiner Ausgabe vom April 2005, wie zweifelhaft doch die Diagnose und die daraus abgeleitete Behandlung heute ist:
Es besteht nach wie vor keine allgemeine Übereinkunft darüber, was ADHS ist und wie damit umgegangen werden soll.16,17 Das Konzept einer genetisch bedingten Erkrankung mit biologischem Korrelat,
für das wirksame Arzneimittel zur Verfügung stehen,18 ist nicht unumstritten.19,20 Die als Kernsymptome des ADHS definierten Verhaltensweisen – Hyperaktivität, Impulsivität und Unaufmerksamkeit– sind bis zu einem gewissen Grad bei allen Kindern zu finden. Sie können daher als Extremvariante normalen Verhaltens betrachtet
werden.17 Die Einschätzung des kindlichen Verhaltens als normal oder gestört auf der Basis der international definierten diagnostischen Kriterien (DSM IV, ICD 10*) ist in hohem Maße von der Toleranz des Untersuchers abhängig.21 Trotz immenser Forschung ist eine biologische Ursache nach wie vor nicht gesichert.17 Kritiker des Konzepts sind insbesondere alarmiert durch den drastischen Anstieg der Verordnungen von Psychostimulanzien, in erster Linie Methylphenidat (RITALIN u.a.).21 In Deutschland ist die Verordnungshäufigkeit seit Ende der 90er Jahre erneut um das Vierfache gestiegen (1998 4,7 Mio., 2003 19,8 Mio. Tagesdosierungen). 22 Zunehmend werden offenbar auch Kinder im Vorschulalter behandelt,23 für die Methylphenidat nicht zugelassen ist.24 Zwar sind kurzfristige Effekte auf die so genannten Kernsymptome in Studien belegt.25 Der langfristige Einfluss auf die schulische, berufliche oder soziale Entwicklung ist jedoch nicht bekannt.26 Ebenso fehlen kontrollierte Erfahrungen zur Langzeitsicherheit: So ist nach wie vor wenig über die Auswirkungen auf die Gehirnreifung von jahrelang mit amphetaminartigen Substanzen behandelten Kindern bekannt. Tierexperimentelle
Daten lassen einen Anstieg von PARKINSON-Erkrankungen bei chronischer Einnahme befürchten (a-t 2002; 33: 16).
Neben Psychostimulanzien ist die Wirksamkeit von trizyklischen Antidepressiva wie Desipramin (PETYLYL) und Imipramin (TOFRANIL u.a.) in klinischen Studien untersucht worden.27
18 BARKLEY, R.A.: Clin. Child Fam. Psychol. Rev. 2002; 5: 89-111
19 TIMIMI, S. et al.: Clin. Child Fam. Psychol. Rev. 2004; 7: 59-63
20 JUREIDINI, J.: Eur. Child Adolesc. Psychiatry 2002; 11: 240
21 HÜTHER, G., BONNEY, H.: „Neues vom Zappelphilipp, ADS verstehen,
vorbeugen und behandeln”, Walter Verlag, 5. Aufl. 2004
22 LOHSE, M.J. et al.: Psychopharmaka; in: SCHWABE, U., PAFFRATH, D.
(Hrsg.): „Arzneiverordnungs-Report 2004”, Springer, Berlin 2004, Seite
769-810
23 MAGNO ZITO, J. et al.: JAMA 2000; 283: 1025-30
24 Novartis Pharma: Fachinformation RITALIN, Stand Nov. 2002
M25 SCHACHTER, H.M. et al.: Can. Med. Ass. J. 2001; 165: 1475-88